Dienstag, 8. Dezember 2009

Gedichtvergleich_SA 1

Gottlieb List (1687 – 1750) regt mit seinem Gedicht der Aufklärung „Lob der einsamkeit“ den Leser an, sich der Einsamkeit zu erfreuen und dieselbige zu genießen und auszukosten, wogegen Rose Ausländer, eine jüdische Dichterin der Moderne, (1901 – 1988) mit „Einsamkeit II“ die Einsamkeit als etwas äußerst Negatives darstellt, das unweigerlich mit Alleinsein und Verlassenwerden verknüpft ist. Ich werde im Folgenden aufzeigen, wie unterschiedlich der Zustand „Einsamkeit“ wahrgenommen werden kann und dazu die beiden Gedichte „Lob der einsamkeit“ und „Einsamkeit II“ miteinander vergleichen.

Das lyrische Ich des Gedichtes „Lob der einsamkeit“ beschreibt die Freude und Wohlgefallen an der erlebten Einsamkeit, sie wirkt tröstend und sorgt dafür, dass wird durch sie das „was gerecht und edel heist“ finden können. Insgesamt umfasst das Gedicht drei Strophen zu je vier Verszeilen, und kann grob in zwei Sinnabschnitte eingeteilt werden. Der erste Sinnabschnitt besteht aus der ersten Strophe, welche die Einsamkeit aus Sicht der Masse und eigener Sicht darstellt. Mit den übrigen beiden Strophen begründet das lyrische Ich seine eigene Einstellung zur Einsamkeit. Ein umarmender Reim zieht sich durch das ganze Gedicht. Optisch auffällig sind die vielen Beistriche, welche für die Zäsuren verantwortlich sind. Das Versmaß ist ein vierhebiger Trochäus mit männlicher Endung, wobei sich dies nur auf die jeweils erste und letzte Zeile der einzelnen Strophen bezieht, die übrigen Verszeilen werden auch von einem vierhebigen Trochäus bestimmt, jedoch ist deren Endung stets weiblich.
Rhetorisch auffällig ist in der ersten Strophe die doppelte Verneinung „Schimpflich ausgehöhnet“ in Zusammenhang mit der Meinung anderer zur Einsamkeit. Die gegensätzliche Einstellung des lyrischen Ichs wirkt zudem noch als Verstärkung („ Nichts vergnüget mich auf erden, / Als wenn ich alleine bin“). In diesem Fall wird Einsamkeit als Sinnfindung empfunden, das lyrische Ich findet „Was gerecht und edel heist“ durch „Stilles leben“ und spricht in der dritten Strophe davon, dass Einsamkeit tröstend wirkt.

Dass Einsamkeit auch bedrücken und traurig machen kann, wird in „Einsamkeit II“ schnell klar. Rose Ausländer verbindet Einsamkeit mit Verlust, mit Schlaflosigkeit („du wirst verlieren / Menschen und Schlaf“) und auch sprachliche Differenzen werden angesprochen. Die „geschlossenen Lippen“ welche zu „fremden Lippen“ sprechen, verbildlichen Kommunikationsstörungen, die „Lippen“ stehen als Symbol für Sprache und Verständnis.
Das Gedicht hat an sich kein fixes Reimschema, und es gibt auch kein eindeutiges Reimschema. Der erste Absatz ist Einleitung und erster inhaltlicher Abschnitt zugleich, „die Weissagung der Zigeunerin“ verstärkt den ohnehin erzählerischen Charakter und besteht aus drei Verszeilen. Den zweiten inhaltlichen Abschnitt bilden die zweite und dritte Strophe gemeinsam, sie beinhalten die Folgen der Einsamkeit, nämlich Verlust, Angst und Kommunikationsstörungen, und umfassen je vier Verszeilen. Der dritte und letzte inhaltliche Abschnitt ist die vierte Strophe, sie personifiziert die Einsamkeit, welche „dich“ nun liebt und umarmt.
Das gesamte Gedicht umfasst lediglich ein Satzzeichen, es werden überhaupt keine Beistriche verwendet, Zäsuren kommen fast nach jeder Verszeile vor, Grund dafür sind die zerrissenen Sätze, die sich sogar über zwei Strophen hinziehen können. Die ganze letzte Strophe besteht aus einem Satz, in dem ein wesentlicher Teil fehlt. Somit wird eigentlich aus zwei Sätzen („Lieben wird die / die Einsamkeit“ und „die Einsamkeit / wird dich umarmen“) ein Satz, in welchem das Subjekt („die Einsamkeit“) nicht doppelt verwendet wird.

Der Vergleich der beiden Gedichte zeigt, dass das Thema „Einsamkeit“ die größte Gemeinsamkeit darstellt, wobei sich in Bezug auf das Empfinden derselbigen die Gemüter scheiden. Lists Vorstellung von Einsamkeit ist äußerst positiv, er verherrlicht sie und kann sie als Wegweiser und Tröster gebrauchen, wogegen sich Rose Ausländer die Einsamkeit fürchtet und sie als Angst einflößend und grausam beschreibt. Dabei muss aber beachtet werden, dass List zur Zeit der Aufklärung gelebt hat, während die jüdische Lyrikerin Ausländer den Holocaust miterlebt hat und dadurch einen völlig anderen Bezug zu Einsamkeit bekam.

Beide Gedichte beschreiben ein und denselben Zustand, und dennoch wird dieser von beiden Dichtern als völlig unterschiedlich wahrgenommen und zeigt große Differenzen in der Verbundenheit zur Einsamkeit.

Samstag, 3. Oktober 2009

Gedichtvergleich

Die beiden romantischen Kunstlieder „Sehnsucht“ (1819) von Joseph Freiherr von Eichendorff und „Der Spinnerin Lied“ (1802) von Clemens Brentano basieren auf dem Motiv „Sehnsucht nach vergangener Einheit“. Im Folgenden werde ich Gemeinsamkeiten und Unterschiede vergleichen und genauer beschreiben.


Meine Arbeit startet mit dem Kunstlied im Volksliedton „Sehnsucht“ von J. F. v. Eichendorff. Es entstand in der Epoche der Romantik Anfang des 19. Jahrhunderts. Dieses Gedicht behandelt das typische Motiv der Literatur der Romantik, Sehnsucht nach einem vergangenen und verlorenen Zustand, der eine Einheit darstellt.
Dieses Kunstlied besteht aus drei Strophen zu je acht Zeilen. Das Metrum ist unregelmäßig, es werden bevorzugt Daktylen verwendet. Inhaltlich ist dieses Gedicht in zwei Hälften getrennt. Von der ersten bis zur zwölften Zeile beschreibt das lyrische Ich seine Perspektive (Erinnerungen) vom Fenster aus, wogegen ab der dreizehnten bis zur letzten Zeile der Inhalt des Liedes der wandernden Gesellen beschrieben wird. In der ersten Strophe werden auffallend viele Adjektive benutzt, wie „golden“, „einsam“, „still“, dadurch wird das Gefühl der Sehnsucht verstärkt. Die in der zweiten und dritten Strophe verwendeten Verben vermitteln durch die Worte „Marmorbilder“, „Paläste im Mondschein“ und „Gärten“ das Bild der harmonischen Idylle, einem Topos der Romantik. Es werden durchgehend viele Enjabements verwendet, die zusammen mit dem Kreuzreim den Kunstlied-typischen Charakter unterstreichen.

Das zweite Gedicht „Der Spinnerin Lied“ von Clemens Brentano umfasst insgesamt sechs Strophen, die jeweils aus vier Verszeilen bestehen. Das Versmaß ist jambisch und die einzelnen Verszeilen werden bis auf die letzte Strophe alle über Enjabements miteinander verbunden. Es herrscht ein umarmender Reim vor, jedoch kommen auf die jeweils 24 Verszeilen nur drei verschiedene Reimschemata. Die einzelnen Verszeilen werden geschickt untereinander variiert, sodass man bei unkonzentriertem Lesen den Eindruck bekommt, dass sich vieles wiederholt. Jedoch gibt es bis auf zwei Ausnahmen, keine einzige identische Verszeile („da wir zusammen waren“ und „Gott wolle uns vereinen“). Phonetisch auffällig ist der häufig gebrauchte Selbstlaut „a“, „Es sang vor langen Jahrenhrenhrehrhisheirhshrhhren“, oder „Da sang die Nachtigall“. Damit soll die Sehnsucht nach einer vergangenen Einheit, einem verlorenem Paradies, das unerreichbar ist, ausgedrückt werden. Durch diese schmerzlichen Erinnerungen an die vergangene Harmonie soll ein neues Paradies entstehen.


Das Hauptmotiv der Romantik, nämlich die Sehnsucht nach der idyllischen Vergangenheit, ist auch in diesen beiden Gedichten thematisiert. Eichendorff erzählt von einem Lied zweier junger Gesellen, die von diesem ersehnten Zustand singen, in Brentanos Gedicht übernimmt eine Spinnerin die Aufgabe des lyrischen Ichs. Sie „singt“ ebenfalls von ehemaligem Zusammensein und vergangener Einheit. „Der Spinnerin Lied“ geht nicht so ins idyllisch bildliche wie „Sehnsucht“, es wird mehr mit Metaphern gearbeitet (das Spinnrad als „Rad der Zeit“, oder der „Schicksalsfaden“). Wogegen Sehnsucht die klassischen Ideale der „Kunstheimat“ verwendet, „Paläste“, „Gärten“ und „Marmorbilder“ sind keine realen Schauplätze, sondern allgemeine Synonyme, die eine poetische Harmonie darstellen. Zwar ist die Hauptthematik dieser beiden Gedichte gleich, doch bei „Der Spinnerin Lied“ ist der persönliche Bezug stärker, da die Spinnerin ihren verlorenen Geliebten besingt. Eichendorff dagegen besingt einen nicht realen Ort, nur ein Sinnbild einer harmonischen Idylle.
Beide Gedichte sind typische Kunstlieder im Volksliedton. Die gebräuchlichen Reime, der Kreuzreim (Sehnsucht) und der umarmende Reim (Der Spinnerin Lied) unterstützen diesen Charakter. Der übersichtliche Inhalt, die als naives Träumen über die Vergangenheit wahrgenommene Poesie, die bei genauerem betrachtet, doch sehr komplex ist, ist auch ein sicherer Hinweis auf ein Kunstlied. Auch die Anzahl der Verszeilen ist identisch, nur teilt Eichendorff seine 24 Verszeilen in nur 3 Strophen auf, außerdem sind diese im Durchschnitt fast doppelt so lang wie Brentanos, der sein Gedicht in sechs Strophen á vier Zeilen einteilt.

Auch heute ist diese Art von Volkslied noch bekannt. In modernen Volksliedern wird oft diese Art von Sehnsuchtsmotiv verwendet und sie sind entweder in einem Kreuz- oder in einem umarmenden Reim verfasst und haben den gleichen melancholischen Charakter der romantischen Poesie.

Zusammenfassend ist zu sagen, dass beide Gedichte auf die Hauptmotivik der Romantik eingehen, sich jedoch auf der persönlichen Ebene unterscheiden. Auch in der Rhetorik gibt es Unterschiede: während Brentano eine einfache, wortkarge Sprache wählt, verwendet Eichendorff klingende und abwechslungsreiche Ausdrücke. Mich persönlich spricht „Der Spinnerin Lied“ mehr an, da seine Komplexität auf Grund der verschachtelten Sprache erst nach mehrmaligem Lesen und erst mit der Bearbeitung zum Vorschein kommt.

Montag, 1. Juni 2009

Erziehung und Disziplin

Die Kinder unserer Zeit stellen die Weichen für unsere Zukunft. Doch die fehlende Disziplin macht sich immer mehr bemerkbar, und das nicht besonders positiv. Lässt sich eine liebevolle Erziehung etwa nicht mit Disziplin vereinen? Das Interview mit Dr. Bueb gibt Aufschluss über Erziehungsmethoden und Werte der heutigen Gesellschaft. Diesen werde ich im Folgenden versuchen in eigenen Worten zusammen zu fassen und genauer zu beleuchten.

Ob jemand später ein erfolgreiches Leben führen wird, ist laut Bueb schon an der Erziehung abzulesen. Denn werden die großen Werte wie Gerechtigkeit, Freiheit und Wahrheit in der Erziehung vernachlässigt, werden sie niemals einen großen Stellenwert bekommen. Auch die Sekundärtugenden Gehorsam, Pünktlichkeit und Ordnungssinn sind von großer Bedeutung, da sie helfen, die obigen Werte zu verwirklichen.

Aber durch den Nationalsozialismus wurden Werte wie diese negativ konnotiert, und dadurch wurde Erziehung immer mehr zu „Gärtnerei“. Die Pflanze darf reifen und wachsen wie sie will- sie wird höchstens ein bisschen nachgestutzt. Der Pädagoge Bueb verlangt jedoch nach „Töpfern“.m Das soll heißen, trotz des negativen Zusammenhanges mit der NS-Zeit, Pädagogen, die formen und klare Konturen vorgeben.

Um die Liebe nicht zu vernachlässigen, muss das Hauptmotiv jedes guten Pädagogen Liebe sein. Dadurch verwandelt sich seine Macht in legitime Autorität. Kinder brauchen Disziplin als Rückgrat ihrer Erziehung. Durch Disziplin wird man angetrieben, sie kann bei orientierungslosen Kindern sogar heilend wirken, sie sozusagen wieder auf den richtigen Weg lenken.

Es gibt viele positive Formen der Disziplin, die das Kind zum eigenständigen Tun anregen und den Tatendrang für Leistung fördern. Dem Kind sollte Eigenverantwortung, Selbstständigkeit und Gewissenhaftigkeit nahegelegt werden. Es muss lernen, dass man mit Disziplin mehr erreicht als ohne. Dies wirkt sich insofern positiv aus, indem das Kind die gelernte Disziplin in der Schule oder im Berufsleben erfolgreich anwenden kann. Es weiß, dass es sich lohnt, da es in den Noten und Erfolgen des Kindes ersichtlich wird, wie positiv sich Disziplin auswirken kann. Das Kind muss auch merken, dass diese Erfolge auf sich selbst zurückzuführen sind, damit die positive Wirkung dieses Erziehungskonzepts anhält.

Im Gegensatz dazu gibt es auch negative Formen der Disziplin. Dabei bekommt das Kind von Anfang an mit, dass es zum Beispiel ohne Disziplin es nie zu etwas bringen wird. Wird das dem betroffenen Kind zu viel eingetrichtert, kann es sein, dass es sich im späteren Leben nur an den eigenen Erfolgen misst und sich selbst als Mensch vergisst. Leistung um jeden Preis bringen zu müssen wird zum krankhaften Gedankengut.


Disziplin spielt für mich in der schulischen sowohl als auch in der beruflichen Welt eine große Rolle. Um gute Erfolge verbüßen zu können, ist Disziplin gefragt. Disziplin beinhaltet für mich auch Durchhaltevermögen, welches bei Vorbereitungen auf Tests und Ähnlichem nicht fehlen darf. Auch der Wille, eine Schulkarriere positiv zu absolvieren, muss vorhanden sein. Dieses habe ich leider öfters an vielen Schulkollegen vermisst. Die einziger dieser Schulkollegen und Kolleginnen, die wieder auf den rechten Weg gefunden hat, ist nun zwei Schulstufen unter mir. Das aber auch nur durch Hilfe von außen und viel Arbeit und Disziplin.

Disziplin ist meines Erachtens nicht alleine das „Tor zum Glück“. Es ist viel mehr einer der richtigen Pfade, die zu diesem „Tor“ führen. Sie hilft uns auch, nicht von den anderen Pfaden abzukommen und uns auf das Wesentliche zu konzentrieren. Das „Tor zum Glück“ hat man gefunden, wenn man all seine positiven Eigenschaften samt Disziplin richtig miteinander vereinbaren kann.

Disziplin muss in den richtigen Maßen genossen werden. Sie hilft uns auch nach vorn zu schauen und Leistungen zu erbringen, die uns widerrum im Leben einiges einfacher machen. Sie motiviert uns vielleicht auch dazu, unsere eigenen Kinder mit viel Liebe und Disziplin aufzuziehen. Ein solcher Erziehungsstil wird auch unseren Kindern viel Erfolg im Leben sichern.

Freitag, 13. März 2009

Reportage

Zwei vermummte Unbekannte sind einem Dritten dicht auf den Fersen. In einer dunklen Nische bringen sie ihr Opfer in ihre Gewalt. Das einzige was nun auf diese drei Personen hindeutet, ist das Geräusch dumpfer Schlage und schmerzvolles Stöhnen. Sie sind ein unbeteiligter Passant und der einziger Zeuge dieser Gewalttat. Wie würden sie reagieren?

"Solche Situation sind immer kritisch", meint Sicherheitsexperte und Selbstverteidigungstrainer Udo S. aus Berlin. "Die meisten Menschen sind in Situationen wie dieser oft nicht fähig spontan zu handeln und fühlen sich überfordert und hilflos. Sie versuchen die Situation mit wegschauen und ignorieren auszublenden. Darum ist ein Selbstverteidiungstraining unabdinglich, welches hilft in Gefahrenzonen intuitiver zu handlen und vor allem die richtigen Entscheidungen zu treffen."

Doch was verlangt die Zivilcourage, wenn man Zeuge eines Raubes, körperlicher Gewalt oder gar Schlimmerem wird? Rudolf H. aus Dresden erlebte so ein Schreckenszenario am eigenen Leib. "Ich war auf dem Nachhauseweg von der Arbeit. Ich war müde und unachtsam. Alls diese Männer mich zu Boden stießen und anfingen mir ins Gesicht zu schlagen, war ich so perplex, das ich im ersten Moment gar nicht wirklich reagieren konnte. Als ich meine Notlage erkannte fing ich an zu schreien und meine Angreifer abzuwehren. Doch Hilfe konnte ich keine erwarten. Vorhänge wurden zugezogen, Passanten eilten mit starrem Blick zur Seite davon. Als sie schließlich von mir abließen, konnte ich mir mit letzter Kraft noch einen Rettungswagen rufen."

"Die Geschichte des Herrn H. ist leider kein Einzelfall. Die Zivilcourage als Moral- und Ehrvorstellung hat in der heutigen Zeit einiges an Bedeutung verloren", so Udo S. "Doch auch nur ein Anruf bei der Polizei oder eine Zeugenaussage seitens der Passanten helfen enorm bei der Täterermittlung und stellen auch eine Art Prävention für die Zukunft dar."

Mittwoch, 4. März 2009

Verteidigung der Wölfe gegen die Lämmer

Das Gedicht „Verteidigung der Wölfe gegen die Lämmer“ wurde 1962 vom Deutschen Hans Magnus Enzensberger verfasst. Es richtet sich gegen die breite Masse des Volkes, die im Gedicht als falsche, faule „Lämmer“ bezeichnet wird.
Im Folgenden werde ich dieses Gedicht genauer analysieren und besonders auf die auffälligen rhetorischen Mittel eingehen.
Dieses moderne Gedicht ist aus fünf Strophen zu jeweils acht, zehn, acht, sechs und sieben Verszeilen aufgebaut. Es weist kein festes Versmaß auf und folgt auch keinem Reimschema. Das „lyrische Ich“ wendet sich direkt an die breite Masse, in welche der Leser unweigerlich miteinbezogen wird. Rhetorisch sehr auffällig sind vor allem die Verwendung der Metaphern und die teilweise sehr sarkastisch formulierten rhetorischen Fragen und der Aufbau. Darauf werde ich später genauer eingehen.

Die ersten beiden Strophen bilden zusammen den ersten inhaltlichen Abschnitt, die jeweils aus acht und zehn Verszeilen bestehen. Durch die vielen Enjabements am Zeilenende fällt die akustische und optische Betonung auf die nächste Verszeile sehr stark aus. Auch die Anapher „was“ der ersten Strophe lässt die Fragen, die an die Leser gerichtet sind, viel vorwurfsvoller und ausdruckstärker erscheinen. Die verwendeten Metaphern sind vielseitig deutbar und haben einen sarkastischen Beigeschmack. Durch diese skurrilen Bilder („soll der geier vergißmeinnicht fressen?“) und die direkten Fragen sichert sich Enzensberger die Aufmerksamkeit der Leser. Die rhetorischen Fragen stellt die Gleichgültigkeit der Masse noch mehr in den Vordergrund.

Die in der zweiten Strophe verwendeten rhetorischen Mittel ähneln denen der ersten sehr. Um die Fragen prägnanter zu gestalten werden viele Enjabements, meist nach dem Fragewort „wer“, eingesetzt. Diese rhetorischen Fragen haben einen ebenfalls sehr sarkastischen Charakter und das vorwurfsvolle „denn“ in der ersten Verszeile („wer näht denn dem general/den blutstreif an seine hosen?“) lässt eine Schuld der angesprochenen Menschen an z.B. Kriegen mitklingen. Durch die Anspielungen auf „politruks und päpste“ sowie auch durch die Begriffe „general“ und „blutstreif“ lenkt das Gedicht auch deutlich auf das Thema Politik hin. Enzensberger verwendet in Verbindung mit der Anapher auch einen Klimax und formuliert seine eigentliche Aussage, nämlich die Gier und Bestechlichkeit der Menschen in einer zynisch sarkastische Frage (wer/nimmt das trinkgeld, den silberling, den schweigepfennnig?“).

Im zweiten inhaltlichen Abschnitt, der die letzten drei Strophen beinhaltet, werden die rhetorischen Fragen durch kühl formulierte, konkrete Eigenschaften des Volkes ersetzt. Die breite Masse wird als wahrheitscheu, lern- und denkfaul bezeichnet. In der ersten Strophe des zweiten Abschnitts werden auch zum ersten Mal die Wölfe mit dem Satz „das denken/überantwortend den wölfen“ erwähnt. In diesen ersten vier Verszeilen klingt auch viel Verachtung und Abneigung des Dichters gegen diese Menschengruppe durch. Um die Faulheit der Menschen bezüglich selbstständigem Denken zu verdeutlichen, verwendet Enzensberger die Metapher „der nasenring euer teuerster schmuck“. Gleichzeitig wird diese Verszeile im Schema einer Inversion dargestellt um die Konnotation des Begriffs „Nasenring“ hervorzuheben. Richtig gedeutet soll das heißen, dass die Beschuldigten sich wie Vieh herumkommandieren lassen und dass sie das nicht als besonders störend empfinden. Mit dem verachtenden Klimax „keine täuschung zu dumm, kein trost/zu billig, jede erpressung/ist für euch noch zu milde“ wird auch die Einfältigkeit und Gleichgültigkeit des Volkes ausgedrückt und angeklagt.

In der zweiten Strophe des zweiten Abschnitts wird der Leser wieder direkt angesprochen, da die Vorwürfe direkt an die breite Masse („ihr“) gerichtet sind. Zum ersten und einzigen Mal wird das Volk als „lämmer“ bezeichnet, und auch die „wölfe“ werden beschrieben. Die Lämmer werden mit den Krähen gleichgesetzt und mit der Zeile „ihr blendet einer den andern“ als falsch und hinterlistig enttarnt. Die Wölfe werden als brüderlich und gemeinschaftsfähig („sie gehen in rudeln“) beschrieben. Diese starke Gegensätzlichkeit dieser zweier Gruppen wird durch Enjabements, die akustisch und optisch eine Zäsur zur Folge haben, zusätzlich unterstrichen.

Die in der vorherigen Strophe positiv beschriebenen Wölfe werden in der dritten und letzten Strophe nochmals in Erinnerung gerufen. Die Inversion „gelobt sei´n die räuber“ lässt diese Verszeile wie einen Imperativ klingen, als Aufforderung diese zu huldigen. Die Lämmer jedoch werden wieder nur mit dem allgemeinen Ausdruck „ihr“ bezeichnet, und bezichtigt, absichtlich provokant und unüberlegt zu handeln. Die Metapher „werft euch aufs faule bett/ des gehorsams" wird stark durch das Verb „werft“ beeinflusst, da es auf eine vorsätzliche Handlung hinweist. Das „faule Bett des Gehorsams“ kann einerseits als angenehmer oder bequemer Platz in der Gesellschaft interpretiert werden. Einerseits kann „faul“ auch als schlecht oder nicht vertrauenswürdig ausgelegt werden. Diese Metapher verstärkt den Vorwurf „einladend zur Vergewaltigung“, der aussagt, dass dieser Gehorsam und diese Unterdrückung des Volkes von ihnen selbst gewollt ist. Sie sind zu bequem und denkfaul um sich gegen negative Veränderungen aufzulehnen. Eine Zäsur, die durch ein Enjabement vor der endgültig letzten Verszeile eingeleitet wird, verleiht der kühlen, abfälligen Feststellung „ihr/ändert die welt nicht mehr“ einen verachtenden Charakter.

Dieses Gedicht hat mich im Sinne der tiefgründigen Metaphern und des beißenden Sarkasmus fasziniert. Aber auch klar formulierte Aussagen über das denkfaule Volk stehen im Kontrast zu den Bildern, und insbesondere dadurch bleibt das Gedicht glaubwürdig und regt zum Nachdenken an.
Auch heute noch ist die Aussage des Gedichtes legitim, schließlich wurde es erst vor knapp fünfzig Jahren verfasst. Außerdem bin ich der Meinung, dass das Gedicht in hundert oder mehr Jahren nicht weniger an Gültigkeit verlieren wird, denn denkfaule Mitläufer und unterwürfige Ja-Sager gab es schon vor tausenden von Jahren und wird es auch weiterhin geben.

Abschließend sollte noch einmal die Kernaussage dieses lyrischen Textes verdeutlicht werden. Enzensberger hatte genug von der Falschheit und geistigen Bequemlichkeit der gemeinen Bevölkerung. Obwohl diese als Lämmer bezeichnet werden, stellen sie für die Allgemeinheit eine größere Bedrohung dar als die Wölfe. Sie lassen sich ohne großes Nachdenken leiten und sind in Wahrheit falsch und korrupt. Es gibt zu viele meinungslose Mitläufer und zu wenig eigenständige Persönlichkeiten, die genug Mut und Konsequenz besitzen, um ihre eigene Meinung glaubhaft zu begründen und standhaft zu vertreten.

Donnerstag, 15. Januar 2009

Begriffsanalyse

Disziplin

Umschreibung
Zucht und Ordnung

Synonyme
a) Einzelwissenschaft, Fachbereich, Fachgebiet, Fachrichtung, Lehrfach, Spezialgebiet, Unterrichtsfach, Wissenschaftszweig
b) Sportart

Antonyme
Nachgiebigkeit, Zuchtlosigkeit;

Überbegriffe
Tugend;

Unterbegriffe
a) Fachdisziplin, Hilfsdisziplin, Paradedisziplin, Rechtsdisziplin, Spezialdisziplin
b) Sportdisziplin, Wettkampfdisziplin, Wurfdisziplin

Beispiele
a) Manche der Geisteswissenschaftler unter den Professoren hätten überhaupt zum ersten Mal mit den Kollegen anderer Disziplinen über Möglichkeiten der Zusammenarbeit gesprochen.
Bei der Positiven Psychologie handelt es sich um eine akademische Disziplin, um Wissenschaft.
Als erster Asiat erhielt der Wirtschaftswissenschaftler Amartya Sen 1998 den Nobelpreis. Der in Harvard lehrende Inder geht die großen philosophischen Fragen seiner Disziplin an.
b) Ähnlich wie beim Biathlon werden zwei Disziplinen vereint: vier Minuten Schach, drei Minuten Boxen, wieder Schach et cetera.
Erst wenn die Wunden grob verheilt sind, könne alle das Training in ihrer schwächsten Disziplin, dem Schwimmen, wieder aufnehmen.

Etymologie
lateinisch: disciplina = Lehre, Zucht, Schule

Funktionsbeschreibung
Disziplin hat eine erzieherische Funktion. Sie dient sozusagen als Prävention normverletzenden Verhaltens.

Strafe

Synonyme
Bestrafung, Abrechnung, Buße, Denkzettel, Heimzahlung, Lehre, Sühne, Vergeltung, Vergeltungsmaßnahme, Sanktion, Pönale, Strafvollzug, Folge, Geldstrafe, Strafaktion;

Antonyme
Lob, Preis, Belohnung;

Überbegriffe
Aktion, Handlung, Operation, Gesetz;

Unterbegriffe
Freiheitsstrafe, Geldstrafe, Hauptstrafe, Jugendstrafe, Konventionalstrafe, Körperstrafe, Nebenstrafe, Todesstrafe, Vertragsstrafe;

Beispiele
Er muss zur Strafe ins Gefängnis.
Für dieses Verhalten bekommst du eine Strafe!

Etymologie
vom Mittelhochdeutschen: strafe in der Bedeutung "Zurechtweisung", "Tadel"

Funktionsbeschreibung
Sanktion, wegen Fehlverhaltens erhaltene Reaktion
Strafen sollen zur Einsicht führen und die Wahrscheinlichkeit einer Wiederholung des Fehlverhaltens mindern;

Ist Bestrafung sinnvoll?
Diese Frage lässt sich nicht so einfach beantworten, kommt es doch auf viele Faktoren des Fehlverhaltens an. Bestrafung im Sinne von körperlicher Gewalt stellt für mich überhaupt keine Lösung dar. Der Bestrafte sollte aus seinem Fehler lernen, und mit physischer Gewalt wird dieser nur verängstigt. Wahrscheinlich macht er diesen Fehler nicht noch einmal, doch daraus gelernt hat er nicht. Darum sollten Strafen meiner Meinung nach auch eine erzieherische Wirkung haben, dem Bestraften sein unangemessenes Verhalten vor Augen führen und ihm zum Umdenken bewegen.