Sonntag, 11. November 2007

"Menschenkenntnis"

,, Once in a life…“, mein i-Pod spielt gerade die letzten Takte meines Lieblingsliedes, als ich mich im Bus neben diesen eigenartigen Mann setze. Ich mustere ihn eingehend, doch als er meine neugierigen Blicke bemerkt, drehe ich mich weg. Mir ist aufgefallen, dass er sichtlich zusammenzuckt, als ich ihn kurz unabsichtlich beim Versuch meinen i-Pod in meiner Schultasche zu verräumen, streife. Er sitzt zusammengekauert neben mir, und ich traue mich fast zu behaupten, dass es ihm ziemlich unangenehm ist, so nah neben einem fremden Menschen zu sitzen. Er blickt steif auf seine Hände, mit denen er nervös spielt. Seine Frisur sieht aus als, ob kein Haar dort wäre, wo es nicht sein sollte. Sein Alter ist schwer zu schätzen. Nach dem äußeren Erscheinungsbild scheint er schon fast pedantisch zu sein, und seine Körperhaltung offenbart sein womöglich fehlendes Selbstvertrauen. Auch seine Fingernägel, welche ziemlich abgeknabbert wirken, lassen mich darauf schließen, dass er wahrscheinlich sehr oft sehr nervös ist. Doch man soll doch keine Vorurteile haben. Vielleicht ist er in Wirklichkeit, ein vor Selbstbewusstsein strotzender Mann, und kein armer Junge, wie es mir gerade scheint. Nach drei weiteren Stationen drückt er vorsichtig den Halteknopf, sowieso wundere ich mich, dass bei dieser bedachten Aktion das Schild mit der Aufschrift ,,Wagen hält“ überhaupt rot aufblinkt. Doch der Bus ist so voll, dass der Mann keinen Platz zum Aufstehen findet und einfach mit einem leisen Seufzer die ganze Situation hinnimmt. Doch das wundert mich ehrlich gesagt nicht.

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